Allen Unkenrufen zum Trotz

Pressemitteilung des NABU NRW und der Biologischen Station

Düsseldorf /Bonn – Artenschutz und die Gewinnung von Kies, Sand und Steinen: Dass das gut zusammen passen kann, zeigt eine Initiative Biologischer Stationen, des NABU Landesverbandes Nordrhein-Westfalen und des Baustoffverbandes vero. Gegründet wurde die Initiative „Unterstützung der Abgrabungsamphibien in der Rohstoffgewinnung NRWs“ im Jahr 2017 mit dem Ziel, gesteinsabbauende Betriebe für ein freiwilliges Engagement im Amphibienschutz zu gewinnen. Ton-, Kies- oder auch Basaltabgrabungen können vielen selten gewordenen Fröschen, Kröten und Molchen wertvollen Lebensraum bieten, da sie Platz haben für viele verschiedene Gewässer, offene Flächen mit wenigen Pflanzen, Sand- und Kieshaufen und weitere ungestörte, wilde Ecken. Bei gutem Management und mit Beratung durch Natur-Experten lassen sich diese Biotope gezielt schützen, neu schaffen und  erhalten.

„Lebensräume für bedrohte Amphibien können in vielen Rohstoff-Gewinnungsbetrieben mit wirklich wenig Aufwand hergestellt werden“, sagt die Biologin Britta Franzheim von den Quarzwerken Frechen. „Bagger und Radlader sind ja vor Ort. Mit etwas Rücksicht und Kenntnis der Biologie dieser Tiere kann man viel erreichen.“ Natürlich dürfe der Abbaubetrieb nicht darunter leiden. „Wichtig ist es, dass Unternehmer und Naturschützer im Gespräch vor Ort überlegen, was fachlich sinnvoll und betrieblich umsetzbar ist“, sagt der Biologe Peter Schmidt von der Biologischen Station Bonn / Rhein-Erft.

Dabei können beide Seiten voneinander profitieren. Denn ohne die laufenden Kies-, Sand-, Ton- und Gesteinsgewinnungen wären seltene Arten wie Gelbauchunke, Wechselkröte und Geburtshelferkröte bei uns vermutlich schon ausgestorben. Da für diese Arten der strenge Europäische Artenschutz gilt und die Tiere weder getötet noch deren Lebensräume zerstört werden dürfen, sind viele Unternehmen der Steine- und Erden-Industrie aber zurückhaltend, etwas für die Lurche zu tun. Sie befürchten, dass der Artenschutz ihren Betriebsablauf stört oder geplante Erweiterungen durch Auflagen verhindert. Hier gilt es, in vertrauensvoller Abstimmung mit den zuständigen Naturschutzbehörden Wege zu finden, um beides sicherzustellen, einen kontinuierlichen Abbau sowie sinnvolle, zeitlich und räumlich flexible, wirksame Maßnahmen für die Amphibien.

Das NRW-Umweltministerium bewertet die Initiative durchweg positiv. NRW-Umweltministerin Ursula Heinen-Esser freut sich: „Abgrabungen werden in der Öffentlichkeit häufig als zerstörerische Eingriffe in Natur- und Landschaft wahrgenommen. Doch in Wirklichkeit können gerade Kiesgruben und Steinbrüche bei guter Zusammenarbeit zwischen Unternehmen und Naturschutz wichtige Ersatzlebensräume für seltene Arten von Amphibien wie Gelbbauchunke und Laubfrosch, wärmeliebenden Reptilien wie Schlingnatter und Mauereidechse oder auch bestimmten Vogelarten wie Uferschwalbe, Flussregenpfeifer und Kiebitz bieten. Deswegen lohnt sich das gemeinsame Engagement und mit freiwilligen, gut abgestimmten Maßnahmen lässt sich allemal mehr erreichen als nur über Ordnungsrecht.“

Der NABU NRW ist überregionaler Partner der Kooperation: „Mit dieser Vereinbarung ist es beispielhaft gelungen zu zeigen, das unternehmerische Tätigkeit und aktiver Naturschutz keine Gegensätze sein müssen. Wir freuen uns, dass wir vor drei Jahren mit vero und den Biostationen den Grundstock legen konnten für dieses mittlerweile erfolgreiche Projekt zum Schutz stark gefährdeter heimischer Amphibien. Mit der Auszeichnung als „Amphibienfreundlicher Betrieb“ wird dieses Engagement mittlerweile mehrerer Abbauunternehmen auch folgerichtig öffentlich gewürdigt“, so Dr. Heide Naderer, Vorsitzende des NABU NRW.

 

Weitere Informationen:

https://www.abgrabungsamphibien.de/

https://www.vero-baustoffe.de/der-verband/publikationen/12-abgrabungsamphibien/download

https://nrw.nabu.de/umwelt-und-ressourcen/rohstoffe/trockenabgrabung/index.html

 

Ansprechpartner:

Biologische Station Bonn / Rhein-Erft

Peter Schmidt

Auf dem Dransdorfer Berg 76, 53121 Bonn

Tel.: 0228/249 579 9

p.schmidt@biostation-bonn-rheinerft.de

 

NABU Naturschutzstation Leverkusen – Köln e.V.
Elmar Schmidt

Friedrich-Ebert-Straße 49, 50996 Köln Rodenkirchen

Tel.: 0221 / 272581-69

elmar.schmidt@nabu-station-l-k.de

 

Biologische Station im Rhein-Sieg-Kreis e.V.

Klaus Weddeling

Robert-Rösgen-Platz 1, 53783 Eitorf

Tel.: 0152 / 098 287 67

weddeling@biostation-rhein-sieg.de

 

Biologische Station im Kreis Euskirchen e.V.

Julia Zehlius

Steinfelder Str. 10, 53947 Nettersheim

Tel.: 02486 / 95 07-17

j.zehlius@biostationeuskirchen.de

 

vero – Verband der Bau- und Rohstoffndustrie e.V.

David Tigges

Düsseldorfer Straße 50

47051 Duisburg

Tel:: 0203 / 99 23 9 -89

david.tigges@vero-baustoffe.de

 

NABU NRW, Landesgeschäftsstelle

Monika Hachtel

Völklinger Straße 7-9

40219 Düsseldorf

0211-15 92 51-0

Info@NABU-NRW.de

 

___________________________________________________________________

 

Herausgeber: NABU Nordrhein-Westfalen, 40219 Düsseldorf

Redaktion: NABU-Pressestelle NRW, Birgit Königs (verantwortlich)

Tel. 0211.15 92 51 – 14 | Fax -15 | E-Mail: B.Koenigs@NABU-NRW.de

 

Wechselkröte

Amphibien

Schutz- und Vernetzungskonzept
für die Wechselkröte in Köln

Das Wechselkrötenprojekt

Laichschnur der Wechselkröte

Die in ihrem Bestand stark gefährdete Wechselkröte ist in Nordrhein-Westfalen auf den klimatisch begünstigten Naturraum „Niederrheinische Bucht“ beschränkt. Sie ist eigentlich eine Steppenart und bevorzugt offene und sonnenexponierte Lebensräume. Als Verstecke dienen selbst gegrabene Röhren in lockerem Erdreich oder größere Steine, unter denen sie Schutz suchen. Die zur Fortpflanzung genutzten Laichgewässer sind flach (15 – 30 cm tief) und eher vegetationsarm. Aufgrund ihrer Ansprüche ist die Bestandsentwicklung der Wechselkröte vom Kiesabbau und der Gestaltung (Renaturierung) bereits stillgelegter Kiesgruben abhängig. Aber auch die Bereiche zwischen den Kiesgruben sind von Bedeutung. So stellen Brachflächen und auch die Feldflur Verbindungen zwischen den einzelnen Gruben her, besonders dann, wenn sie auch noch Tümpel besitzen.

Laichgewässer der Wechselkröte

Um in Köln den Bestand der Wechselkröte zu sichern und zu fördern wurde nun durch die Naturschutzstation ein Schutz- und Vernetzungskonzept aufgestellt.

 

Das Artenschutzprojekt zur Wechselkröte in Köln wurde von der NABU-Naturschutzstation Leverkusen – Köln im Jahr 2014 in enger Zusammenarbeit mit der Stadtverwaltung Köln (insb. UNB) und dem LANUV gestartet, wobei zunächst lebensraumverbessernde Maßnahmen für Wechselkröten in den NSG im Vordergrund standen. Bald wurde jedoch klar, dass das nicht reicht, zumal diese NSG oft so weit voneinander entfernt sind, dass ein Individuenaustausch zwischen den Restbeständen der dortigen Wechselkröten ausgeschlossen werden konnte. Aus diesem Grunde wurde das Artenschutzprojekt um die Planung und Umsetzung sog. „Trittstein-Biotope“ erweitert. Hierzu wurden (und werden immer noch) größere Einzel-Teiche in den Feldfluren zwischen den NSG angelegt, die den Wechselkröten als Laichgewässer dienen. Die umgebende Feldflur wird dabei nicht nur durchwandert, sondern dient auch selbst als Landlebensraum für die Wechselkröten.

Ein weiterer Aspekt des Artenschutzprojektes war die Ursachenforschung, warum einige Wechselkröten-Restbestände weiter abnehmen, obwohl dort Maßnahmen erfolgen. Hierzu hat der Kölner Zoo und die TU Braunschweig diverse Laboruntersuchungen (über Bachelor- und Masterarbeiten) durchgeführt, insb. zum Befall der Wechselkröten mit einem Chytridpilz (kurz: „Bd“) und zur Genetik der verschiedenen Wechselkröten-Restbestände. Als Ergebnisse sind zusammenzufassen, dass sich die Genetik kaum unterscheidet, lediglich zwischen links- und rechtsrheinischen Populationen sind geringfügige Unterschiede feststellbar. Der Chytridpilz (kurz: „Bd“) ist in praktisch allen Populationen verbreitet, aber es gibt bisher trotzdem keine Krankheitssymptome bei den Wechselkröten und auch keine Verhaltensauffälligkeiten. Auch die Reproduktion scheint nicht betroffen zu sein. Die Wechselkröten können also scheinbar mit dem Pilz leben.

Wechselkröte

Als dritter Aspekt des Artenschutzprojektes kam dann noch die Ausstellung und die Aufzuchtstation im Kölner Zoo hinzu. Die Ausstellung soll den Kölner Bürgern die Wechselkröte als heimische Tierart vorstellen und die Akzeptanz für die Art (und damit auch für die Gelder, die dafür investiert werden) erhöhen. Jedes Jahr im Frühling/Frühsommer werden von der NABU-Naturschutzstation Leverkusen – Köln Wechselkröten-Larven, die in der Natur nicht überlebt hätten (weil deren Laichgewässer auszutrocknen drohten), in die Aufzuchtstation im Kölner Zoo gebracht. Dort werden sie dann aufgepäppelt und zum Herbst hin wieder an geeigneter Stelle im Kölner Stadtgebiet ausgesetzt, um dortige Restbestände zu unterstützen und/oder neue Vorkommen an neuen Trittstein-Biotopen zu initiieren. So wurden beispielsweise am 08.10.2020 etwa 60 junge Wechselkröten bei Auweiler ausgesetzt (siehe WDR-Filmbeitrag in Lokalzeit Köln am 08.10.2020). Diese Zahl erscheint zwar gering, aber da diese Jungkröten aufgrund der Hälterung / Fütterung im Zoo körperlich dann schon deutlich weiter entwickelt sind als ihre Altersgenossen, sind sie einerseits nicht mehr so anfällig (z.B. weniger Verluste während Überwinterung) und können sich auch bereits besser gegen Fressfeinde wehren (z.B. bessere Giftproduktion zur Abwehr). Die Bedeutung der Aufzuchtstation im Kölner Zoo hat in den letzten Jahren zugenommen, da aufgrund der nunmehr schon drei Dürre-Sommer in Folge viele Laichgewässer in Köln zu früh austrockneten und die dortigen Larven verloren gewesen wären, hätten sie nicht im Kölner Zoo weiterleben können. Da alle Restbestände der Wechselkröten in Köln immer noch relativ klein nach wie vor vom Aussterben bedroht sind, müssen Individuen- und auch Larvenverluste unbedingt vermieden werden. Die Aufzuchtstation im Kölner Zoo ist somit ein wichtiger Bestandteil des Artenschutzprojektes zur Wechselkröte in Köln.

Das Artenschutzprojekt zur Wechselkröte in Köln hat im Laufe der Zeit immer mehr Projektpartner bekommen. Beteiligt sind mittlerweile NABU-Naturschutzstation Leverkusen – Köln, Stadtverwaltung Köln (insb. UNB und Grünflächenamt), Kölner Zoo, TU Brauschweig, Uni Köln und die StEB Köln, wobei sich die Aufgaben / Schwerpunkte der Hauptakteure etwa folgendermaßen verteilen:

 

NABU-Naturschutzstation Leverkusen – Köln:

  • jährliche Kontrolle der Bestandsentwicklung der Wechselkröten und ihrer Lebensräume in Köln
  • jährlicher Fang und Transport von austrocknungsgefährdeten Larven zum Kölner Zoo
  • Planung und Umsetzung von Artenschutzmaßnahmen im Kölner Stadtgebiet (in enger Abstimmung mit der Stadtverwaltung Köln, insb. UNB und Grünflächenamt)
  • Finanzierung einiger größerer Teiche in den Feldfluren Kölns
  • Teichbau auch im Auftrag weiterer Projektpartner (z.B. StEB)
  • Öffentlichkeitsarbeit (z.B. über Fernsehen, Radio, Printmedien, Vorträge, Stände, Internet)
  • örtliche Betreuung von wissenschaftlichen Untersuchungen der TU Braunschweig / Uni Köln

 

Stadtverwaltung Köln (insb. UNB und Grünflächenamt):

  • Planung und Umsetzung von Artenschutzmaßnahmen im Kölner Stadtgebiet (in enger Abstimmung mit der NABU-Naturschutzstation Leverkusen – Köln)
  • Finanzierung der meisten Artenschutzmaßnahmen (inkl. der meisten größeren Teiche in den Feldfluren Kölns)

 

Kölner Zoo:

  • Ausstellung zur Wechselkröte in Köln
  • Aufzuchtstation für austrocknungsgefährdete Larven und spätere Auswilderung der Jungkröten
  • Betreuung von wissenschaftlichen Untersuchungen der TU Braunschweig / Uni Köln
  • Öffentlichkeitsarbeit (z.B. über Fernsehen, Radio, Printmedien, Vorträge, Stände, Internet)

 

Stadtentwässerungsbetriebe Köln:

  • finanzielle Förderung der Ausstellung zur Wechselkröte in Köln
  • finanzielle Förderung der Aufzuchtstation für austrocknungsgefährdete Larven
  • Finanzierung größerer Teiche im Kölner Stadtgebiet

 

 

Infoblatt des Kölner Zoos

Artikel zum Wechselkrötenprojekt

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